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Der König als "ecological inspirer", von lic. phil. René Häusler, CH-Amriswil,Vortrag vor "Tradition und Leben e.V. und "Unabhängige Ökologen Deutschlands" am 19. Juni 1999 in Frankfurt/Main

"We are far from the day, when Vives declared that the Sovereign should be the nation's intellectual inspirer", bedauerte noch 1961 der britische Verfassungsrechtler Sir Charles Petrie. (1) Heute jedoch können wir mit einiger Berechtigung und Freude feststellen, daß in vielen parlamentarischen Monarchien der König oder ein Mitglied der königlichen Familie bereits zum ökologischen Vordenker oder Vorreiter, also zum ecological inspirer geworden ist.

Erinnert sei etwa an die diesbezügliche Rolle des Prince of Wales, die sich u.a. im biologischen Landbau auf seinen Gütern und in Artikeln gegen die Gen-Technologie in Nahrungsmitteln äußert oder an die tragende Rolle des Königs von Thailand und seiner Tochter, Prinzessin Maha Chakry Sirindhorn,. die sich u. a. in der biologisch korrekten Wiederaufforstung eines Teils des thailändischen Regenwalds niederschlägt.

Ferner benützen praktisch alle wichtigen königlichen Gärten in Westeuropa biologische Pflanzenmittel und -pestizide (Mykhorrizen, Bakterien) für ihre Pflege. Sie setzen sich damit an die Spitze des Umdenkens von chemisch z.T. bedenklichen, zu biologisch - unbedenklichen Pflegeprodukten in Gartenbau und Landwirtschaft.

In Jordanien wiederum übernahm Königin Noor vor einiger Zeit die Schirmherrschaft über den Naturpark Dana, wo versucht wird, den dringend notwendigen Schutz der Natur mit den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Anrainerdörfer in Einklang zu bringen. Die Schirmherrschaft der Königin half hier Wogen zu glätten, die entstanden waren, weil die Dorfbewohner ihre Ziegenherden immer wieder ins Naturreservat trieben, wo sie alles kahlfressen und Autofahrer die Fahrverbote nicht beachten wollten. Die Königin konnte schlichten und. war Vorbild, da sie den Park zu Fuß durchschnitt. (2)

Gewollt oder ungewollt setzen die Angehörigen von Königshäusern mit diesen Taten bedeutende Zeichen.

Dies ist bemerkenswert und animiert zum Nachdenken.

Insbesondere drängen sich folgende Fragen auf:

Wie konnte es zur Übernahme einer solchen Rollenfunktion kommen, die schein-bar im verfassungsrechtlichen "Nirwana" liegt? Wo liegen die Ursachen, was schuf hierfür die Voraussetzungen? Und vor allem: was sind die Konsequenzen für den Monarchen und die Gesellschaft? Wird hier von einer scheinbar unpolitischen Instanz ein positives Zeichen gesetzt und, wenn ja, mit welchen Folgen?

Diese Fragen wollen wir nachfolgend kurz nachgehen.

* * *

Befassen wir uns zuerst mit der Übernahme dieser neuen Rollenfunktion, die natürlich nirgends so definiert oder gar in der Verfassung vorgeschrieben ist, wenngleich sie sich natürlich mit dem in vielen Verfassungen als Aufgabe des Staates definierten "Schutz der Umwelt" trifft. Sie (also diese neue Rolle) kann jedoch unschwer als Ergebnis eines Prozesses begriffen werden, der bald 300 Jahre alt ist und quasi mit der "Parlamentarisierung" und d.h. letztlich mit der Demokratisierung der Monarchie eingesetzt hat.

Ich spreche hier von der Entpolitisierung und damit letztlich "Psychologisierung" der Monarchie, einem Thema, das ich an anderer Stelle und in meinen Büchern und zahlreichen Artikeln eingehend behandelt habe. Hier dazu nur folgender kurzer Exkurs:

* * *

Historisch gesehen hat sich der Parlamentarismus wie Sie wissen, aus einem Gegensatz zwischen Regierung und Parlament entwickelt, aus dem Gedanken heraus, die Regierung unter die Kontrolle eines Parlamentes zu bringen.

Nach einer durch Ludwig XIV. 1653 in Frankreich abgewürgten Entwicklungslinie (vom Königsgericht "Parlement du Roi", das die Königsgesetze registrierte, zum richterlichen Prüfungsrecht") wurde diesbezüglich erfolgreichere Pionierarbeit in England geleistet, wo sich die Anfänge des Parlamentarismus bis auf die Magna Charta von 1215 zurückverfolgen lassen. Er hat sich dort von einer ständischen zu einer demokratischen Kontrolle der Regierung entfaltet.

Entscheidend wurde das Jahr 1689. Das englische Parlament trug damals der Vertreibung des Stuartkönigs Jakob 11. 1688 (Glorious Revolution), Maria und Wilhelm III. von Oranien die Krone an. Schon die Tatsache, daß diese auf Grund eines Parlamentsbeschlusses den Thron bestiegen, mußte im Verhältnis zwischen König und Parlament letzterem von nun an ein starkes Gewicht verleihen. Zudem geschah diese Berufung unter den Bedingungen, die man in der Declaration of Rights (1689) formuliert hatte. Dieses als Bill of Rights zum Gesetz erhobene Dokument band den König in das Recht. Das Parlament sollte als gesetzgebendes und kontrollierendes Organ Gegengewicht der vollziehenden Gewalt sein. (3)

Daraus entwickelte sich allmählich, insbesondere durch die oben angesprochene Pflicht der Gegenzeichnung jeder Staatsakte durch einen Minister (Contreseign) heutige Praxis, welche durch die Formel "Der König herrscht, aber er regiert nicht" ausgedrückt wird.

Dergestalt konnte sich das Königtum in der Tat wieder auf seine ideelle Rolle besinnen, nämlich im Sinne von Wolff-Windegg "Mitte" zu sein; nur so ließ sich die Idee vor den menschlichen Schwächen schützen. Und wichtiger noch: Durch diese bedeutsam staatsrechtliche Trennung zwischen Herrschaft und Regierung konnte sich endlich auch das Verhältnis von Demokratie und Monarchie endkrampfen. Es gewann Raum für qualitativ völlig neue Beziehungsformen. Niemals ist dies deutlicher geworden als 1981, anläßlich des letzten Staatsstreichversuchs in Spanien. König Juan Carlos I., der schon kurz nach seinem Thronantritt 1975 die Demokratisierung des Landes einleitete, zeigte in der äußerst brenzligen Situation eines militärischen Coups Mut und unerschütterliche Verfassungstreue (was die Putschisten zu Hochverrätern werden ließ) und rettete so die Demokratie. Diese feierte daraufhin im König ihren Beschützer.

Aus historischem Antagonismus war eine Allianz geworden. - Eine Allianz mit Vorbildfunktion; denn schon betonen in Bulgarien die Anhänger Zar Simeons, daß für Bulgarien der "spanische Weg", das heißt die Rückkehr zur Demokratie durch Einsetzung eines Monarchen, am geeignetsten sei und reklamiert Alexander von Jugoslawien die Rolle eines "serbischen Juan Carlos" für sich.

Aber des Neuen noch nicht genug. Denn es zeigte sich zudem, daß eine Verfassung, ursprünglich doch als Instrument gedacht, einen König in seiner Macht zu beschränken, von eben einem solchen verteidigt wurde. Vereinfacht gesagt, der König war vom Bewachten zum Hüter einer (demokratischen) Verfassung geworden.

Allerdings zeigt das spanische Beispiel auch, daß der oben erwähnte Rückzug ins Ideelle kein absoluter ist. In der Tat sehen zahlreiche Verfassungen der bestehenden Monarchien für ihre Staatsoberhäupter noch eine gewisse politische Funktion (z.B. formelle Ernennung des Premierministers) vor. Virulent werden diese jedoch vor allem bei Regierungskrisen (Pattsituationen), in denen der König in intensiven Beratungen mit den gewählten Parteien, einen mehrheitsfähigen Premier bestimmt respektive via "Informateuer" zu finden hilft (z.B. in Großbritannien, Belgien, den Niederlanden) oder bei Staatsstreichversuchen, in denen der Monarch als Oberbefehlshaber der Streitkräfte deren verfassungskonformes Verhalten erzwingt wie zum Beispiel in Spanien 1981.

Die Frage allerdings, wieweit ein solches "Crisis-Management" oder auch normale "Reservefunktionen des Staatsoberhauptes" (Kaltefleiter) das Königtum mehr lasten als begünstigen, darf wohl auch gestellt werden. Zumindest dem Ideal "Mitte" werden sie gefährlich.

Was hat es nun aber mit dieser "Mitte" auf sich?

In seinem für eingefleischte Monarchisten wohl als epochal zu bezeichnenden Werk "Die Gekrönten - Sinn und Sinnbilder des Königtums", begreift Philipp Wolff-Windegg das Ideal des Königtums eben aus diesem Konzept der, "Mitte". Er stützt sich dabei einerseits auf die Forschungen Mircea Eliades, dessen Beschreibung der sakralen Mitte ihm den Schlüssel zum Wesen des Königtum gegeben zu haben scheint. Andererseits kann er vor allem von den Erkenntnissen der Psychologie C.G. Jungs profitieren, die einen neuen Zugang zum Mythos, Ritual und zum Königtum eröffnet haben. Es sind dies die Vorstellungen vom kollektiven Unterbewußtsein und von seinen Inhalten, den Archetypen. Ein solcher Archetyp ist der "König". Ihn versteht die Psychologie als bestimmendes, aber unbewußtes und latentes Ordungsprinzip, das sich, wenn es Gelegenheit findet, ins Bewußte aufzutauchen, im Bild des Königs verdichtet. Der Traum-, der Mythen- und Märchenkönig sind Projektionen der menschlichen Seele und symbolisieren die kosmische Ganzheit und das menschliche Selbst. (4)

Der ideale König als "Mitte" und Gott

Das zentrale Element von Wolff-Windeggs Deutung, nämlich die "Mitte", ist letztlich das, was alle Gegensätze zu ihrer Versöhnung fordern. Und Gegensätze gibt es seit Anbeginn aller Schöpfung, heißen sie Tag und Nacht, Wachen und Schlaf, Feuer und Wasser, Mann und Frau et cetera. Dem Menschen jedoch wohnt eine tief eingepflanzte Sehnsucht nach eben jenem ruhenden Punkt inne, in dem sich diese Gegensätze aufheben. Die Mitte ist somit zunächst nicht eine Begebenheit, sondern seine Antwort, um des Zwiespalts Herr zu werden. Diese Antwort wird dann aber zu einem beherrschenden Prinzip und zum Anfang der Ordnung Oberhaupt.

Was vom einzelnen Menschen gesagt wurde, trifft auch auf die Gemeinschaft zu. Sie braucht, um Gemeinschaft zu sein, einen Punkt, innerhalb ihrer selbst, an und nach dem sie sich ausrichten kann. Dieser Punkt muß etwas unmittelbar Zugängliches, Sichtbares, nicht Abstraktes sein.

Und Wolff-Windegg hält fest: "Die Gemeinschaft muß diesen inneren Punkt in sich selber suchen und finden - wer die Mitte trägt, muß der Gemeinschaft angehören, muß also ein Mensch, nicht ein Baum oder Stein sein. Der Mensch nun, der zum Amt der Mitte bestimmt wird, geschehe es nun durch göttlichen oder menschlichen Ratschluß, unbewußt oder bewußt, durch Gnade oder Kür, ist der, den wir König zu nennen gewohnt sind. Das Königtum wird also nicht abgeleitet aus einem mythischen oder rationalen Begriff, dem Führungsbedürfnis der Gruppe etc-, sondern aus dem Begriff der Mitte, der ein religiöser ist: die Antwort des Menschen auf den Horror vacui angesichts des Zwiespalts, in dem er wohnt. Der König ist damit ursprünglich nur ein passiver Bezugspunkt im Stammesgefüge, ein vom Allgemeinwillen Ausgesonderter und Erhöhter - nicht zum Tun berufen, sondern zum Sein"

Dieses Ausgesordertsein manifestiert sich in der Vorstellung eines "idealen Königs" der "ewig, allgegenwärtig und menschlichen Verfehlungen enthoben ist. Er ist also wo nicht selber Gott ein Spiegelbild Gottes. Er ist aber nicht eine konstruierte Fiktion, sondern eine mythische Wahrheit, nicht nachträglich abstrahiert, sondern von Anfang an unzweifelhaft vorhanden" (Wolff-Windegg). - Ein Urbild, ein Archetyp eben und als solcher auf die logische Sanktion nicht angewiesen.

Selbst als im Laufe der Geschichte der mythische Gehalt dieses Vorbildes zu zerfallen drohte, wurde der ideale König als gedankliches Konstrukt wieder bemüht. Doch auch dieses mußte einen metaphysischen Grund haben, das heißt eine außerhalb des Politischen oder Juristischen liegende Ursache, eine, die das Heilige noch immer wenigstens berührte.

Ein solch metaphysischer Grund bot sich im Begriff der Gottesunmittelbarkeit an, wie er zur Zeit des Absolutismus das Königtum stützte. So hieß es etwa im englischen Königtum des 16. Jahrhunderts unter anderem: "Seine (des Königs) rechtliche Autorität ist absolut und unwiderstehlich; er ist Diener und Stellvertreter der Gottheit, alle unterstehen ihm, er aber untersteht allein Gott..." (5)

Daß diese Aura des Göttlichen auch den heutigen Monarchen immer noch anhaftet und tief in den Herzen der Menschen weiterwirkt, wurde 1981 in Spanien überdeutlich. Ein General, der einige Zeit nach dem mißglückten Staatsstreichversuch von einer deutschen Zeitschrift nach den Gründen befragt wurde, warum er mit seinen Panzern nicht die Putschisten unterstützt, sondern dem König gehorcht habe, gab sinngemäß die bezeichnende Antwort, einem Präsidenten hätte er sich wohl nicht gefügt, aber gegen einen König hätte er sich nicht versündigen wollen, denn ein König stehe unter dem Schutze Gottes. Selten zuvor hatte der königliche Mythos wohl entscheidendere Konsequenzen für eine Demokratie gehabt. Peregrine Worsthorne, ehemaliger Chefredaktor des Sunday Telegraph, empfindet die Anwesenheit der Königin (Elisabeth II.; d.V.) folgerichtig auch als religiöses Erlebnis, "beinahe so wie bei einem Gottesdienst in der Kirche, da in den Augen der Königin alle Untertanen gleich sind, so wie alle Kirchgänger vor Gott gleich sind".(6)

Nun kann das demokratische Königtum jedoch nicht nur psychologisch hergeleitet oder interpretiert werden, respektive seine Faszination beruht nicht nur auf diesen, zum Teil eher unbewußt wirkenden Komponenten. Vielmehr nehmen heute die Königinnen und Könige in ihren Ländern ganz eigentlich symbolische, soziokulturelle und damit letztlich auch "psychologische" Funktionen wahr, die zwar nicht unbedingt in der Verfassung aufgezeichnet sein müssen, um so mehr jedoch von den emotionalen menschlichen Bedürfnissen, die in den modernen, rational-funktionalistischen, technikorientierten und zunehmend emotionsärmeren Gesellschaften vielfach zu kurz kommen, dringend ersehnt werden.

Als eine solche, wohl eher als sozio-kulturell, denn als psychologisch zu bezeichnende Funktion und Rolle muß wohl auch diejenige des "ecological inspirer" gesehen werden. Sie streift mehrere meiner im Buch "Herrscher der Herzen" aufgezählten Rollen, ja, kann als eigentliche Schnittmenge davon konzeptualisiert werden. Am deutlichsten manifestiert sich darin aber wohl jene des "Vorbilds", zu der ich 1998 folgendes geschrieben habe. Ich zitiere:

i) Die Vorbildsfunktion - Der Köng als moralische Autorität und Inbegriff der Glaubwürdigkeit

Eine erfolgreiche Funktion als Stabilitäts- und Integrationsfaktor (übrigens eine der wichtigsten modernen Rollen des Königs) jedoch setzt absolute Glaubwürdigkeit voraus. Da der König durch die Erbfolge automatisch und nicht durch eine Wahl zu seinem Amt gelangt, muß er sich auch keiner politischen Partei verpflichtet fühlen, worauf insbesondere Exkönig Simeon II. von Bulgarien hinweist. Der von vielen Kritikern dem Institut der Monarchie oft vorgeworfene (aber durchaus bestreitbare) Makel der nicht existierenden demokratischen Sanktion mag gerade dadurch zum Vorteil der ganzen Bevölkerung gereichen, denn der König ist außer seinem Lande niemandem verpflichtet. Seine Person ist nicht mit leeren oder dem Lande teurer zu stehen kommenden Wahlversprechen belastet.

Für die engagierte rumänische Bürgerrechtlerin Dina Comea ist auch von daher die Wiederrichtung der Monarchie in ihrem Lande die einzig wahrhafte Alternative zum Kommunismus. Mit Exkönig Michael, der bekanntlich seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, steht sie in häufiger telefonischer Verbindung. "Seine Redlichkeit", so bekannte sie im Juli 1991 in einem Interview, "ist die Garantie für die Reinigung der rumänischen Gesellschaft".

Exkönig Michael selbst hat schon früh auf die unmenschlichen Zustände in seiner Heimat aufmerksam gemacht. Gegenüber einem Westschweizer Journalisten hat er im Mai 1989 das Regime Ceausescus in deutlichen Worten gebrandmarkt. "Il ne s'agit plus seulement de communisme, mais d'un despotism'e, à la fois imbécile et méchant".

Die vorhin erwähnte Vorbildfunktion wird vom König und seiner Familie jedoch auch im Privatleben erwartet, was erhebliche Ansprüche an Charakter und Geschick des Monarchen stellt. Sie verlangt, wie Prélot sagt, "que le monarque et sa famille aient un comportement exemplaire ... que la réputation de la famille royale soit gardée avec soin".

Dies wurde vom kürzlich verstorbenen belgischen König Baudouin I. geradezu paradigmatisch vorgelebt, dessen Leitsatz lautete: "König sein heißt der Wahrheit dienen."

Im Gegensatz zu ihm taten sich damit vor einiger Zeit, wie wir wissen, verschiedene Mitglieder des britischen Königshauses recht schwer. Jedoch ist Rose und Kavanagh wohl recht zu geben, wenn sie in ihrer Studie "The Monarchy in Contemporary Political Culture" 1976 bemerken: "Today, the rise of permissiveness in every Western society presumes that no one - priest, landlord, or monarch - can define standards of conduct that must be accepted by everyone. If anything, it appears that a reigning monarch is expected to be a symbol of morality that is being abandoned, setting a standard for admiration because such behavior is rarely found in the working-day world". (7)

Wie entscheidend das Gewicht moralischer Autorität jedoch sein kann, konnte 1992 wieder in Thailand festgestellt werden, als König Bhumipol zum zweiten Mal nach 1973 sein an sich unpolitisches Amt in die Waagschale warf, um die Unruhen zu beenden. Den involvierten Politikern, die vor ihm knieten, gab er zu bedenken, daß Thailand nicht ihnen gehöre, sondern allen Thais. Was für einen Sinn habe es, wenn einer seinen Sieg auf den Ruinen der Nation durchsetze, fragte der Monarch zu Recht. Das Volk habe genug gelitten, gab er zu bedenken, und eben dieses konnte die ganze Szene im Fernsehen mitverfolgen. Königtum und moderne Kommunikationstechnik im Verein zum Schutz von Demokratie und Volk. In diesem Handeln liegt vielleicht der Ansatzpunkt für eine neue Theorie der Monarchie, nämlich politisch zu wirken, ohne politisch zu sein" (8)

Angesichts der zum Teil jedoch geradezu bedrohlichen Ignoranz gewisser politischer Kreise vor den Folgen unseres unbedachten Umgangs mit der Natur, könnte die ökologische Rolle des Königs jedoch bald auch eine deutlichere Zeichensetzung gegen gewisse Gesetze oder Anbaumethoden erfordern, was dann wohl den Zorn gewisser Politiker auslösen würde und damit unter die Kategorie "Der König als Gewissen der Nation"

"In dieser Funktion beweist der König menschliche Größe und Zivilcourage jenseits opportunistischer Überlegungen. Unabhängig davon, ob die von ihm vertretene Meinung oder begangene Handlung populär oder den Politikern willkommen ist, setzt er sich für seine Überzeugungen ein. Kurz vor Beginn des Jubeljahres 1991 (40. Jahrestag der Thronbesteigung) entband sich zum Beispiel der belgische König Baudouin I. für ein paar Stunden von der Regentschaft, um das neue belgische Abtreibungsgesetz, das seinen strengen Vorstellungen von Ethik und Moral widersprach nicht unterschreiben zu müssen. Der spanische König Juan Carlos I. wiederum setzte sich 1981 praktisch unter Lebensgefahr für die Demokratie ein, und am 23. Mai 1994 nahm in Los Angeles Exkönig Simeon von Bulgarien an der Ehrung für seinen Vater, Zar Boris III., durch die dortige jüdische Gemeinde teil. Der Zar hatte kurz vor seinem Tod 1943 der von den Nazis angeordneten Deportation von 50.000 Juden seines Heimatlandes nach Treblinka einen Riegel vorgeschoben und sie damit vor dem sicheren Tod gerettet. Der Einsatz König Bhumipols von Thailand zugunsten von Demokratie und Menschenrechten wurde bereits weiter oben erwähnt" (9)

Während wir somit die politischen rsp. historischen Ursachen und Voraussetzungen für die Übernahme einer solchen Rolle geklärt haben, bleibt noch die Frage, was wohl den Monarchen selbst hierzu bewegt. Nun ich denke, nebst einem vielleicht sogar religiös motivierten Verpflichtungsgefühl zum Schutze der Schöpfung, das vor allem bei den christlichen Königen aus ihrer historisch engen Verbindung zu Religion und Kirche vermutet werden darf, sind es auch Gründe der Vernunft und der Einsicht, die einem generationsübergreifenden Sichtwinkel entspringen. Könige können sich noch den Luxus leisten, an die nächste Generation zu denken. wogegen Politiker oft nur den Horizont der nächste Wahl und die Lobby der Wahlspender vor Augen haben. Sie geben zwar aufrüttelnde Bücher zur Umwelt und den drohenden Katastrophen heraus, wie etwa der amerikanische Vizepräsident Al Gore, doch leben sie ihren eigenen Aufrufen zur Um- und Einkehr nicht nach oder setzen sich für die Umsetzung ihrer Ideen aus opportunistischen Gründen nicht ein. Worte sind eben wohlfeil und Taten zu anstrengend rsp. es gibt Abhängigkeiten, denen der Politiker nicht entkommt, in denen er oft wider bessere Überzeugung gefangen ist.

Dem ist der König enthoben.

Eine weitere Rolle, in die der "ecological inspirer" ebenfalls hineingreift, ist wohl diejenige des Königs als "Hirte" und "Verteidiger des Gemeinwohls".

"Gerade in repräsentativen Demokratien, in denen den Parteien eine wichtige Rolle im politischen Prozeß zukommt, ist die Versuchung groß, Parteiinteressen über diejenigen des Gesamtwohls zu stellen. Hier kann der König als übergeordnete politisch neutrale Instanz mahnend wirken und wachen. Schon Thomas von Aquin hielt dazu in seiner von Aristoteles beeinflußten Schrift "Von der Herrschaft der Fürsten" fest, daß zum Begriff des Königs gehöre, "...einer zu sein, der anderen als Herr vorgesetzt ist und doch wie ein Hirte wirkt, indem' er das Gemeinwohl der Gesellschaft, nicht aber seinen eigenen Vorteil im Auge hat".

Um diesem Anspruch jedoch auch in der Realität genügen zu können, muß der König durch Erbe auf den Thron gelangen. Dies jedenfalls war, die Meinung Lorenz von Steins. Er argumentierte, daß ein auf Zeit Gewählter Monarch ständig um seinen Status fürchten müsse. Von der Gesellschaft abhängig, könnte er zu Mitteln greifen, um seine Stellung zu halten. In einer Erbmonarchie existiere dieses Risiko nicht.

Nur aus einer Über- und Unabhängigkeitsposition heraus sei der König in der Lage für das Gemeinwohl einzutreten, meinte von Stein". (10)

Eine intakte Umwelt ist sicher im Interesse des Allgemeinwohls, denn sonst könnten wir eines Tages wichtige Grundstoffe des Lebens, sauberes Wasser, saubere Luft, giftfreie Böden und ebensolche Nahrungsmittel etc. nicht mehr zur Verfügung haben. Somit greift diese Rolle des Königs ganz eigentlich in unser aller biologische Existenz.

Und damit, und ich denke dies ist durchaus keine Spekulation, verläßt die Rolle des "ecological inspirer' ganz klar den rein sozio-kulturellen, wenn sie so wollen eher unpolitischen Bereich und wird hochpolitisch - auf nationaler wie internationaler Ebene.

Dies kann aber nicht ohne Folgen für die Institution der Monarchie und für den Monarchen bleiben.

Bevor wir auf diese Problematik näher eintreten, gestatten Sie mir noch kurz einen Blick auf die restlichen sozio-kulturellen rsp. psychologischen Rollen des Königs, die ich für mein Buch zusammengetragen habe, für alle jene, für die diese Sichtweise der königlichen Aufgaben noch neu ist. Es handelt sich dabei zusammengefaßt um folgende Rollen:

a) Die Inkarnation staatstragender Prinzipien

b) Die Integrationsfunktion - Lebendiges Symbol für Einheit und Stabilität

c) Der König als stabiler Orientierungspunkt

d) Der König als nicht-politischer Garant politischer Autorität

e) König und Königin als Landesvater respektive -mutter

f) Der König als "Hirte" und Verteidiger des Gemeinwohls

g) Der König als nationaler "Ombudsmann"

h) Der König als Vermittler bei Streiks

i) Die Vorbildfunktion - Der König als moralische Autorität und Inbegriff von Glaubwürdigkeit

j) Der König als Objekt der Verehrung

k) Der König als Gewissen der Nation

l) Der König als Hort des Mythos und Vollzieher von Ritualen

m) Der König als Träger der "Mitte"

n) Die Identifikationsfunktion - Der König und seine Familie als Ideale und Sündenböcke

o) Der König als Sinnbild oder Ersatz Gottes – Die Monarchie als säkulare Religion

p) Der König und seine Familie als gesellschaftliche Größen und überforderte Träger des Ideals

Die ausführlichen Beschreibungen dieser Rollen finden Sie in meinem erwähnten Buch "Herrscher der Herzen" oder auch in den Heften Nr. 4/1994 bis Nr. 2/1995 von Erbe und Auftrag bzw. in der "Zeitschrift für Parlamentsfragen" Nr. 3/1995 oder in dem kleinen aufgelegten Büchlein, darin allerdings nur in Englisch. Dies kann zum Selbstkostenpreis von hier bezogen werden.

* * *

Nun, welches könnten die vorhin angesprochen Folgen der Übernahme dieser ökologischen Führungs- rsp. Vorbildfunktion durch den König sein?

Analysieren wir sie im Hinblick auf die folgenden 4 Dimensionen:

1. Folgen für die ökologische Bewegung

2. Folgen für die Umweltpolitik

3. Folgen für Staat und Gesellschaft

4. Folgen für das Königtum

Zu 1) Folgen für die ökologische Bewegung

Die ökologische Bewegung erhält durch so prominente Unterstützung sehr wahrscheinlich enormen Auftrieb und eine gewisse zusätzliche bzw. höhere, vor allem moralische Legitimität und Glaubwürdigkeit. Hier wirkt auch Psychologisches. Wenn der Monarch hinter einer Sache steht oder ein bestimmtes Verhalten verlebt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß dies auch in der Bevölkerung große Unterstützung gewinnt. Zudem vermutet man hinter königlichem Engagement keine privaten rsp. wirtschaftlichen Interessen (das muß allerdings nicht immer so sein), sondern die das Allgemeinwohl im Auge habende, sachliche Überzeugung. Gewisse Kreise wiederum können den Einsatz für die Ökologie nicht mehr einfach nur als "weltfremde Schwärmerei" abtun, wenn ihnen ökologische Bedenken ins Wirtschafts-Gehege kommen. Zudem wird das "Fundraising" für ein ökologisches Projekt sicher erleichtert, Wenn quasi im Namen des Königs oder eines seiner Familienangehörigen um eine Spende gebeten wird (z.B. durch WWF-Präsident Prinz Philipp)

Die Natur wiederum profitiert von königlichen Schirmherrschaften oder Projekten natürlich ganz besonders. Ihr Schutz (durch Parks, Reservate, Sonderzonen) ist damit auf lange Sicht gewährleistet, rsp. leichter, sowohl gesellschaftlich als auch politisch, durchzusetzen rsp. zu erreichen.

Zu 2) Folgen für die Umweltpolitik

Die Umweltpolitik, sofern sie ihren Auftrag ernst nimmt, profitiert sicher ebenso vom königlichen Support. Obwohl sich der König natürlich nicht in das politische Geschäft einmischen darf und auch nicht soll, hat auch sein ökologisches Engagement selbstredend gewisse Implikationen zur Folge. Vielleicht spricht er auch in einer Rede gewisse Fehlentwicklungen an, ohne damit zwar die Regierung direkt zu kritisieren, indirekt jedoch verlangt er damit für jedermann verständlich Änderungen, denen sich die Regierung wohl nicht allzu lange ohne Popularitäts- und damit Stimmenverlust (die nächsten Wahlen drohen) entziehen kann. Gute Umweltpolitik, welcher der König wiederum für alle merkbar seine Unterstützung gewährt, verliert andererseits schnell einmal den "Parteigeruch" und wird quasi zu einem Parteiübergeordneten, die ganze Bevölkerung miteinschließenden, ja vielleicht sogar begeisternden Anliegen.

Zu 3) Folgen für Staat und Gesellschaft

Die Gesellschaft kann sicher nur profitieren, da ihr langfristiges Überleben eine kluge und vorausschauende Umweltpolitik, die durch die Unterstützung des Monarchen zusätzlich legitimiert wird, gesichert ist. Zusätzlich wird ihr ökologisches Orientierungsbedürfnis durch den König befriedigt. Sein diesbezüglicher Einsatz verstärkt des Empfinden der Sicherheit über die Richtigkeit oder Unrichtigkeit des eigenen Tuns. Gleichzeitig kann der König mit seinem Verhalten und seinen Äußerungen dazu beitragen, daß die Gesellschaft über die Beziehung Mensch-Umwelt (Tier, Landschaft, Ressourcen etc.) neu nachdenkt und neue Einsichten gewinnt. Tragen z.B. er und seine Familienangehörigen bewußt keine echten Pelze mehr, können sie kraft ihres Einflusses einen Trend setzen, rsp. einen Standard vorgeben. Oder bezöge der Monarch für seine Schlösser nur Strom aus unbedenklichen und emeuerbaren Energien hätte dies sicher ungeheure Nachahmungseffekte. Der König kann durch die auch historisch bedingte Entwicklung des Amtes (Gottesgnadentum), ganz anders als ein Präsident, wohl ganz direkt Verhalten beeinflussen. Dies ist bei weitem bedeutungsvoller als wenn er noch reale (politische) Macht hätte.

Zu 4) Folgen für das Königtum

Durch den Einsatz für eine Sache, welche letztlich jedem einzelnen Menschen zugute kommt, gewinnt das Königtum weiter an Statur und Ansehen. Ja, womöglich an neuer Legitimität; denn wer sollte sonst, auch oder gerade in der marktwirtschaftlich orientierten Demokratie sich für Belange stark machen können, ohne in den Verdacht einer reinen Interessendienerei zu eigenen Gunsten zu geraten? Natürlich besteht auch eine latente Gefahr, daß der König sich gewissen Anfeindungen aussetzt, denn irgendjemanden tritt man mit einem Engagement dieser Art wohl unvermeidlicherweise immer auf die Füße. Nur, dies kann auch zur Profilierung beitragen. Aktuellstes Beispiel hierbei ist die momentane Diskussion in Großbritannien zur Gentechnologie. Prinz Charles hat Ende Mai in einem Artikel im Massenblatt "Daily Mail" in die Diskussion um die Zulassung gentechnisch veränderter Lebensmittel eingegriffen und Zweifel an deren Notwendigkeit und Sicherheit geäußert. Er hält auch deren Nutzen für die armen Bevölkerungen der Dritten Weit nicht für erwiesen. Ihm bange, so schrieb er, vor einer orwellschen Zukunft, in der "das Leben selbst industrialisiert" sei.

Damit holte er sich zwar Lob bei den Umweltschutzorganisationen wie "Friends of the Earth", doch hagelte es Tadel von den Industrievertretern und auch der Regierung dürfte der Artikel sauer aufgestoßen sein, da der Premierminister Blair immer betont hat, daß er nichts gegen Gen-Nahrung auf seiner Speisekarte habe. (11)

Wie auch immer. Mit seinem ökologischen Engagement hat das, Königtum der Moderne einen Bereich gefunden, der ihm auch von seiner inneren Struktur her entspricht. Es ist eine Aufgabe, die klassen- und generationsübergreifend ist, Glaubwürdigkeit und Integrität verlangt und vor allem nicht kurzfristig, sondern angelegt ist.

Es ist ein Bereich in dem es täglich aufs neue Vordenker und vor allem Vorleber braucht - eben "ecological inspirer".

* * *

Die Profilierung monarchischer Personen auf ökologischem Gebiet hat erst eingesetzt. Es ist faszinierend, die diesbezügliche Entwicklung weiterzuverfolgen und gleichzeitig festzustellen, wie wandelbar das Königtum doch in seiner Form ist und wie stabil in seinen Inhalten. Dies ist ermutigend; wissen wir doch alle aus der Geschichte zumindest das Eine: Nur was sich wandelt, bleibt. Ich danke Ihnen.

Anmerkungen:

1) Petrie, Sir Charles: The Modem British Monarchy; London 1961; S. 217

2) Vgl. Naturschutz mit Königin Noor, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 109,14.5. 1999, S. 75

3) Zippelius, Reinhold: Allgemeine Staatslehre; München 1978(6); S. 243 - 245

4) Wolff-Windegg, Philipp: Die Gekrönten - Sinn und Sinnbilder des Königtums; Stuttgart 1958; S. 11 ff. 5) ib. S. 108 - 1 10

6) Worsthorne, Peregrine: The Case for Monarchy. In: The Queen. A Penguine Special; Harmondsworth 1977: S.188

7) Zit nach Häusler, René: Herrscher der Herzen? Vom Sinn des Königtums im 21. Jahrhundert. Die parlamentarische Monarchie als psychologische Staatsform. Haag und Herchen, Frankfurt 1998; S 65-66

8) ib. S. 86 9) ib. S 78 - 79 10) ib. S. 83 - 84 11) "Starre Fronten in der britischen Gen-Diskussion. Artikel Prinz Charles'- Beruhigungsversuche der Regierung". In: Neue Züricher Zeitung, Nr. 125, 3.6.1999 S. 64